Ort: Torgau, Germany
Datum: 02.-04.7. 2015
Redakteur: Benner
Fotograf: Fani Nadki
Veranstalter: Thomas Richter
Der nunmehr 10. Geburtstag des In Flammen Open Air ereignete sich vom 2.-4.7.2015 in Torgau. Das Festival genießt einen ausgezeichneten Ruf und das Line-Up konnte überzeugen, so dass es in diesem Jahr endlich soweit sein sollte - ein erster Abstecher zum IFOA. Der Name In Flammen ließ in Verbindung mit der Wettervorhersage Übles bezüglich der zu erwartenden Temperaturen erahnen, was sich auch bewahrheiten sollte. Temperaturen weit jenseits der 30-Grad-Marke (gefühlt jenseits der 40-Grad-Marke) machten das Wochenende nicht nur zu einem der schönsten, sondern auch zu einem der anstrengenden Wochenenden dieses Jahres.
Angekommen auf dem IFOA galt es zuerst das Umfeld zu inspizieren. Das Campinggelände war ausreichend groß bemessen, Parken am Zelt möglich und frühes Erscheinen sicherte die besten Plätze, die in diesem Falle vor Wind und Sonne geschützt unter Bäumen oder am Waldrand lagen. Wer später kam, musste sich einen Platz auf einer weitläufigen Weide begnügen, die keinerlei Schutz vor der gnadenlosen Sonne bot. Die sanitäre Situation war zufriedenstellend. Die obligatorischen Dixies waren verhältnismäßig sauber, in ausreichender Zahl vorhanden, wurden regelmäßig gereinigt und durch stationäre Toiletten sowie einen Duschcontainer ergänzt. Wer den Gang dorthin auf sich nahm musste zwar u.U. erhebliche Wartezeiten auf sich nehmen, konnte sich allerdings für nur 2€ des Staubes vom Vortag entledigen.
Um sowohl etablierten Bands als auch Newcomern ein Forum zu bieten wartete das IFOA in diesem Jahr erstmalig mit zwei Bühnen auf. Die Hauptbühne ist von Bäumen umgeben, was für ein sehr gemütliches Flair sorgte und darüber hinaus den bei diesen Temperaturen dringend benötigten Schatten spendete. Merch-, Getränke- und Imbisstände befanden sich in unmittelbarer Nähe der Bühne. Die Zeltbühne – wie der Name bereits erahnen lässt in einem Bierzelt untergebracht – mutierte angesichts der Temperaturen allerdings zur Sauna und machte gleichermaßen Bands und Besuchern das Leben schwer. Respekt an alle, die bei diesen Temperaturen trotzdem die Haare kreisen ließen.
Die Preise für Bier (2,50€) und Essen gehen in Ordnung. Als Vegetarier hat man es zwar wie so oft schwer – zumal wenn der vegetarische Burger nach dem ersten Abend bereits ausverkauft ist – aber es befinden sich eine Tankstelle und ein Supermarkt in der Nähe des Festivals, die zu Fuß in 15 min zu erreichen sind. Ansonsten bleibt festzuhalten, dass jeder Festivalbesucher sich mindestens einmal an der Bar mit dem wohlklingenden Namen „Zur Froschkotze“ den namensgebenden Drink zu Gemüte führen sollte, der als eine Art offizielles Festivalgetränk betrachtet werden kann. Die Freundlichkeit der Crew machte auch die gelegentlich arg langen Wartezeiten an der Bar fast wieder wett. Einziger Wermutstropfen: es existierte kein einheitliches Pfandsystem. Hier könnte noch nachgebessert werden.
Die Ticketpreise sind mit 38€ im VVK bzw. 50€ AK sehr fair, vor Allem wenn man dazu das Line-Up in Betracht zieht. Den Leuten, die ihre gute Erziehung am Einlass zum Campinggelände für gewöhnlich abgeben ist vermutlich zu verdanken, dass leider auch auf dem IFOA der Müllpfand Einzug gehalten hat – 5€ sind für den Spaß einzurechnen. Ansonsten entdeckt man auf dem IFOA viel Liebe zum Detail, man merkt dem Festival an, dass es vor einigen Jahren noch deutlich geringere Zuschauerzahlen zu verzeichnen hatte – und das ist zu großen Teilen als Kompliment zu verstehen. Die meisten Bands sind nach ihren Gigs auf dem Festivalgelände anzutreffen, so dass man eben mal locker ein paar Fotos mit Dark Funeral schießen kann.
Bands spielten natürlich auch einige, daher gibt es hier nun eine kleine Auswahl besonders erwähnenswerter Vertreter des diesjährigen Line-Ups. The Last Hangmen hatten die schwere Aufgabe, als Opener am Tag der Warm-Up-Party die von der Hitze bereits reichlich mitgenommenen Gäste auf Trab zu bringen. Die Herausforderung nahmen die Jungs freudig an. Mit neuem Drummer, 2 Full-length-Alben und unveröffentlichtem Material brachte die 2009 gegründete Melodic-Death-Kombo bereits die ersten Matten zum Kreisen.
Der gleichen Herausforderung stellten sich am folgenden Tag, jedoch zu früherer (= noch heißerer) Stunde die Dresdner von Agonize. Die Jungs gaben ihr Bestes trotz der Hitze eine heftige Show abzuliefern und Fronter Marc unterhielt das Publikum auf gewohnt amüsante Art und Weise. Erst 2013 gegründet, haben die Jungs bis dato leider nur wenige, einzelne Songs aufgenommen, so dass man auf die erste reguläre Veröffentlichung gespannt sein darf.
Am selben Tag traten Iron Walrus im Zelt auf und blieben außer für ihren großartigen Doom/Sludge und dem gefühlt besten Sound aller Bands im Zelt auch aufgrund ihrer optischen Erscheinung in Erinnerung – ungeachtet der Hitze verhüllten die Musiker sowie einige Zuschauer ihre Gesichter mit Walross-Sturmhauben. Seit 2 Jahren ist die Band unterwegs und hat bereits 2 LPs veröffentlicht und eine Tour mit Crowbar hinter sich gebracht. Wenn sie diesen Sturmlauf fortsetzt könnte diese Band in einigen Jahren eine der neuen Referenzen für Sludge/Doom werden.
Nicht unerwähnt bleiben sollen hier Hammerhead, eine junge belgische Band, die sich mit herrlichem, wildem Old-School Thrash ins Gedächtnis brannte. Vergleiche mit Dust Bolt oder Lost Society drängen sich bei dieser energiegeladenen Formation, die ganz offensichtlich eine Menge hat bei dem was sie tut, förmlich auf.
Auf der Hauptbühne blieben neben den Headlinern zwei Bands in Erinnerung, die hier erwähnt werden sollen. Maat aus Berlin, die ihre Musik selbst als „Egyptian Death Metal“ betiteln zerlegten die Hauptbühne mit einer Wucht und Präzision die ihresgleichen suchten.
Musikalisch an Behemoth und Nile angelehnt, mit stimmigem Bühnenbild und -outfit versehen dürfte sich diese Band eine Menge neuer Zuschauerherzen erspielt haben.
Attic aus Gelsenkirchen sorgten bei unvorbereiteten Besuchern für den vermutlich größten WTF-Moment des Festivals. Nach einem Blick auf die schwarzgekleideten und -geschminkten Bandmitglieder sowie auf die Bühnenausstattung inklusive umgedrehter Kreuze erwarteten vermutlich etliche im Publikum ein fettes Black Metal-Brett. Als es dann losging schallte jedoch Heavy-Metal auf staunende Zuhörer. Der Autor verbrachte den Rest dieses denkwürdigen Auftritts damit optische und akustisch Eindrücke irgendwie unter einen Hut zu bekommen.
Das IFOA bot ein sehr abwechslungsreiches Line-Up – ein Trend, der sich bei den Headlinern fortsetzte. Diese machten ihre Sache rundherum professionell und überzeugten durchgehend. Um einen Eindruck vom Kaliber der Headliner zu bekommen, seien hier einige Namen genannt: Eyehategod, Vader, Bömbers, Entombed A.D., Dark Funeral, Terrorizer und Anaal Nathrakh. Allerdings zeigte sich während der Headliner-Shows, dass der Platz vor der Bühne für die gewachsene Zuschauerzahl nicht gänzlich ausreichend ist – in den hinteren Reihen versperrten gelegentlich die tagsüber lebensrettenden (weil schattenspendenden) Bäume die Sicht auf die Bühne.
Riesengroße Sympathiepunkte sammelte das IFOA am Samstag, als gegen Mittag kostenlos Kaffee und Kuchen für alle Besucher angeboten wurden. Dem Andrang an den Tischen nach zu zurteilen stieß diese Aktion auf äußerst positive Resonanz. Erwähnt werden muss hier auch unbedingt noch, dass auf dem IFOA keinerlei Trennung zwischen Stage- und Campinggelände existiert, ergo kann jeder nach Belieben auf Selbstversorgung zurückgreifen – besser geht’s nicht!
Man könnte sich jetzt an Kleinigkeiten wie den verschiedenen Pfandsystemen hochziehen, aber das wäre Jammern auf extrem hohem Niveau. Das IFOA ist ein absolut empfehlenswertes Festival, dem man das Herzblut aller Beteiligten und die Anfänge als kleines, kultiges Underground-Festival deutlich anmerkt. Wer die großen Festivals aus gutem Grund scheut und auf der Suche nach einem kleinen Ableger mit spitzen Preis-Leistungsverhältnis ist, welcher seine Wurzeln auch nach 10 Jahren noch erkennbar zelebriert, sollte hier unbedingt mal einen Blick riskieren – absolute Empfehlung!